Entstehung

Das Autogene Training wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von dem Berliner Psychiater Johannes Heinrich Schultz entwickelt. Schultz hatte in seiner Arbeit mit Hypnose beobachtet, dass Patienten, die regelmäßig in einen tiefen Entspannungszustand versetzt wurden, positiv auf suggestive Impulse reagierten. Daraus leitete er ein selbsthypnotisches Verfahren ab, bei dem sich der Mensch durch formelhafte Vorsätze in einen Zustand tiefer Ruhe und Gelassenheit versetzt. Seit den 1930er-Jahren hat sich Autogenes Training kontinuierlich verbreitet und wird heute in vielen Bereichen der Medizin, Psychologie und Stressbewältigung eingesetzt.

Wirkungsweise

Autogenes Training basiert auf der Idee, dass Körper und Geist in enger Verbindung stehen. Durch das Bewusstmachen und Steuern der eigenen Körperempfindungen – zum Beispiel das Empfinden von Schwere, Wärme und Ruhe – wird ein Entspannungsreflex aktiviert. Dieser wirkt sich positiv auf das vegetative Nervensystem aus, indem der Parasympathikus stimuliert und damit eine beruhigende Reaktion ausgelöst wird. Durch regelmäßiges Üben kann diese Entspannungsreaktion immer schneller und intensiver herbeigeführt werden, was langfristig zu einer besseren Stressresistenz und zu mehr Gelassenheit im Alltag führt.

Anwendungsweisen

Autogenes Training wird in der Regel in Kursen oder mittels Übungs-CDs, Apps oder Videos erlernt. Die Methode selbst umfasst mehrere Stufen:

  1. Grundstufe (Übungen zur körperlichen Entspannung)
    • Schwereübung (Wahrnehmen von zunehmender Schwere in Armen und Beinen)
    • Wärmeübung (Wahrnehmen von angenehmer Wärme im Körper)
    • Atem- und Herzübung (Beruhigen und Regulieren von Atem und Herzschlag)
    • Sonnengeflecht-Übung (Wärmeempfinden in der Bauchregion)
    • Stirnkühlung (Konzentration auf eine kühle Stirn als Abschluss)
  2. Mittelstufe (Vorstellungsübungen)
    • Hier werden individuelle Affirmationen eingesetzt, die positive Veränderungen unterstützen (z. B. Selbstvertrauen, Gelassenheit, Konzentration).
  3. Oberstufe (Selbstreflexion und Meditation)
    • Diese Stufe ist fortgeschritten und erfordert intensive Übung. Sie dient dem tieferen Verständnis eigener psychischer Prozesse.

Anwendungsgebiete

  • Stressabbau und Burnout-Prävention: Autogenes Training hilft dabei, die eigene Belastungsgrenze besser wahrzunehmen und einem Burnout entgegenzuwirken.
  • Angst- und Panikstörungen: Es wird ergänzend in der Psychotherapie eingesetzt, um Angstzustände zu mildern.
  • Schlafstörungen: Sanftes Einleiten des Autogenen Trainings vor dem Einschlafen kann helfen, Gedanken zu beruhigen und besser einzuschlafen.
  • Chronische Schmerzen: Durch Entspannung können Schmerzsignale anders wahrgenommen werden, was Linderung verschaffen kann.
  • Leistungssteigerung: Im Sport oder in Prüfungsphasen kann das gezielte Entspannen helfen, Konzentration und Leistungsvermögen zu erhöhen.

Fazit

Autogenes Training ist eine effektive und vielseitige Methode zur Entspannung, die mit etwas Übung eigenständig und im Alltag eingesetzt werden kann. Es fördert die körperliche und seelische Gesundheit und eignet sich für Menschen aller Altersgruppen.